Isabell Heimerdinger

Die in Berlin lebende Künstlerin Isabell Heimerdinger, vor allem für ihre Videokunst bekannt, war einst mit Mann und Kindern für zwei Jahre nach Rom gezogen. Gegen Ende ihres Aufenthaltes kam sie dort mit der Kunst der Keramikherstellung in Berührung und belegte einen Intensivkurs. Aber nicht, um Skulpturen herzustellen, sondern Gebrauchsgegenstände — wobei der Übergang fließend scheint. Jedenfalls, wenn man dabei solche Objekte schafft wie Isabell.

Die Kollektion von Isabell Heimerdinger für MDC cosmetic besteht aus Steinzeug mit einer schwarzweissen Glasur. Die kostbaren Stücke sind sehr viel robuster als man es vermuten würde und unbedingt zum alltäglichen Gebrauch gedacht.

Du bist ja eigentlich für Deine Videokunst bekannt. Wie bist du zur Keramik gekommen?

Isabell Heimerdinger
2014 bin ich mit meiner gesamten Familie für zwei Jahre nach Rom gezogen. Dort bin ich durch einen Zufall auf die Keramikschule Pots mit ihrem grossartigen Lehrmeister Sebastiano Allegrini gestossen. Keramik hatte mich schon immer interessiert — auch weil meine Mutter eine kunsthandwerkliche Galerie hatte. Bis zu diesem Rom-Aufenthalt hatte ich mir den Werdegang zum Keramikkünstler viel zu kompliziert vorgestellt. Aber plötzlich stand ich vor dieser Schule — und habe dann spontan sämtliche Kurse belegt. Zurück in Berlin habe ich mir dann selbst ein Studio eingerichtet; mit Brennofen und Drehscheibe. Und weil mein Lehrer diese großartige Persönlichkeit besitzt, hat er mich mit all seinen Rezepturen versorgt. So konnte ich die Parameter seiner Schule in Rom in meine künstlerische Praxis übernehmen — und bin damit für eine Anfängerin des Metiers ziemlich weit oben eingestiegen. Das kann sonst Jahre dauern, bis man die Rezepturen und Abläufe für sich allein ausgetüftelt hat.

Worin bestehen die Schwierigkeiten?

Beispielsweise in den Glasuren: Wenn man bei weit über 1000° Celsius brennt, können 5 Grad mehr oder weniger an der konstanten Temperatur mein gewünschtes Ergebnis zum Kippen bringen. Das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten — Ton, Glasur, Brenntemperatur — ist fragil. Selbst meine innere Verfasstheit spielt hinein. Minimale Verschiebungen beeinflussen das Ergebnis hochgradig. Hinterher gilt es für mich dann herauszufinden, welche Komponente bei diesem Mal genau was bewirkt hat. Und: Wie könnte ich das korrigieren? Ja: Will ich es überhaupt korrigieren? Und wenn nicht, wie kann ich das ein zweites Mal genau so fertig bringen? Das sind die feinen Arrangements zwischen dem Material und meinem künstlerischen Anspruch, für die es naturgemäß keinerlei Absprachen gibt. Sie in meiner Arbeit auszuloten bleibt die große Herausforderung.

Sind die Gebrauchsgegenstände das Nebenprodukt deiner künstlerischen Produktion — machst du auch keramische Skulpturen?

Ich bin mit Keramik aufgewachsen. Aber eben in der Form von Alltagsgegenständen wie Vasen und Geschirr. Meine Mutter hat sogar Teig in wunderschönen Keramikschüsseln gerührt, unser Salatsieb war auch aus Keramik. Selbst heute, nach 40 Jahren im Gebrauch benutzt meine Mutter noch diesselben Schüsseln. Sie haben nie an Schönheit verloren. Es sind zeitlose Stücke geworden. Keramik in der Kunst hat mich hingegen nie angesprochen. Mein künstlerisches Ausdrucksmittel ist der Film. Manchmal finde ich an einem Drehort besondere Erden, da nehme ich dann eine Probe mit und lasse mich von meiner Materialsammlung zu neuen Glasuren inspirieren. Aber im Ergebnis wird meine Keramik immer zu benutzen sein. So wie jetzt die Objekte für MDC.

Deine Glasurtechnik erinnert an japanische Raku-Keramik.

Das ist interessant — mein Lehrer hat das Kunsthandwerk selbst in Japan gelernt. Das schlägt bei mir durch. Japanische Keramik gefällt mir auch persönlich sehr. Die japanischen Künstler lassen vieles offen. Manches, gerade im Glasurbrand, bleibt dem Zufall überlassen. Innerhalb einer handwerklichen Perfektion allerdings. Der Zufall bleibt kalkulierbar, aber Perfektion selbst wird nicht angestrebt. Beziehungsweise gibt es eine andere Vorstellung von Perfektion, als man sie hierzulande kultiviert.

Wie hast Du Melanie Dal Canton kennengelernt?

Wir kennen uns noch aus dem ersten Laden von Andreas Murkudis in der Schönhauser Straße — das ist jetzt auch schon wieder zwanzig Jahre her. Seit sie ihr eigenes Geschäft in Prenzlauer Berg hat, gehe ich dort vorbei, wenn ich auf dem Markt am Kollwitzplatz war. Einmal, da war ich gerade erst aus Rom zurückgekommen, habe ich ihr von meinen Keramiken erzählt. So ist diese Idee entstanden, und jetzt war der richtige Zeitpunkt, sie in die Tat umzusetzen.

Entsteht diese Kollektion für MDC komplett in deinem Berliner Studio?

Ich mache alles selbst. Ich mische sogar die Glasuren selbst, obwohl man die auch kaufen könnte.

Also sind das alles Einzelstücke?

Genau. Wenn ich Geschirr mache, versuche ich innerhalb eines Services die Stücke ähnlich zu gestalten. Aber das Service an sich bleibt ein Unikat. Ich vermute, dass viele meine Objekte eher dekorativ nutzen. Ein Kunde in Italien hat mein allererstes Espresso-Service damals gekauft. Als ich Jahre später bei ihm zuhause eingeladen war, stand es im Regal. Ich war enttäuscht. Aber für ihn war es so kostbar, dass er sich nicht zu benutzen traute. Wenn eine Schale über 200 Euro gekostet hat, kann ich die Hemmung nachvollziehen, darin Salat anzumachen. Zudem bei einem Unikat. Wobei ich gerade das auch toll finde, wenn ein Unikat den Abendbrotstisch schmücken darf. Der tägliche Gebrauch eines solchen Stückes bringt ja auch Freude.

Und Scherben bringen Glück.

Das ist ja das Fatale an Keramik: Die Stücke halten tausende von Jahren. Oder sie sind von einem Augenblick zum anderen kaputt. Die Japaner gehen dann so weit, die Scherben mit Massivgold zusammenzufügen.

 

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