OUD – Harz des Adlerbaums

Da Riechen und Schmecken die selben Sinne ansprechen, bleiben auch Düfte Geschmackssache. In der relativ kurzen Kulturgeschichte der Parfumeurskünste wurde ein beständiger Wandel der Duftvorlieben notiert. Was niemals aus der Mode kam, waren kostbare Destillate und Rohstoffe aus den entlegenen Winkeln der Natur. Jasminöl, Bibergeil oder auch Amber, das aus den Eingeweiden von Walen gefischt wurde, riechen für sich genommen nicht sonderlich angenehm, vor allem aber sind solche natürlichen Stoffe extrem teuer, weil selten oder schwer zu gewinnen. Im Zuge der technologischen Entwicklung ist vor allem eine scheinbar grenzenlose Verfügbarkeit sämtlicher Duftstoffe zu verzeichnen. Ob aber allgemein verfügbare, weil billige, da synthetische Duftstoffe allein die Parfümkultur bereichern werden, dürfte kaum fraglich sein. Wer in der U-Bahn oder sonstwo in der Öffentlichkeit um sich schnuppert, nimmt häufig einen schwer zu charakterisierenden Einheitsduft wahr — und viel zu selten ein Parfüm, das er selbst gerne um sich hätte.

Oud hat in den vergangenen Jahren eine in dieser Hinsicht bemerkenswerte Karriere gemacht. Davor lediglich Spezialisten ein Begriff, haben zuerst Incense Oud von Kilian Hennessy, dann Agarwoud von James Heeley und Oud Wood von Tom Ford den ungewöhnlich aromatischen Duftstoff populär gemacht. Bemerkenswert, da Oud in der asiatischen Welt und in arabisch geprägten Kulturen schon seit Jahrhunderten bekannt ist. Der ursprüngliche Name von Hong Kong bedeutet in etwa Hafen des Räucherholzhandels — gemeint war damit vor allem Oud. Angeblich, aber wer war da schon dabei, wird Oud auch im biblischen Hohelied der Liebe besungen: wenn vom Balsam die Rede ist.

Aber wovon reden wir heute, wenn wir von Oud reden? Echtes Oud — vergleichbar hier mit echten Trüffeln — entsteht im Holz einer bestimmten Baumart (Aquilaria malaccensis), sobald dieser ernstlich beschädigt wird. Dann bildet die Pflanze ein Harz, um sich vor dem Austrocknen zu schützen. Das Harz wiederum zieht eine spezifische Sorte von Schimmelpilzen an. Woraufhin das pflanzliche Gewebe noch mehr Harz einschiessen lässt. Im Endeffekt wird das Holz so stark vom Harz durchtränkt, dass es im Wasser nicht mehr länger schwimmt, sondern untergeht («Sinkwood»). Lange Zeit war das eines der Qualitätskriterien für Oud. Um Oud zu finden, müssen manchmal zehn Bäume gefällt werden, bis sich dann einer als Treffer erweist.

Man kann es sich anhand dieses Entstehungsprozesses leicht vorstellen, dass Oud nicht unbegrenzt verfügbar ist. Dementsprechend die Preise. Dass es in Tokio noch heute eine Handelsgesellschaft für Oud gibt, die seit dreihundert Jahren besteht, deutet darauf hin, wie interessant der Handel mit dem Duftholz schon lange vor der Parfümindustrie gewesen sein durfte. Tatsächlich ist die Verwendung von Oud in Parfums eine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Bis heute geht der größte Teil der Hölzer in den Handel für sakrale Zwecke: Das Räuchern mit Oud spielt in unterschiedlicher Gewichtung eine Rolle sowohl im Buddhismus, wie auch in Taoismus und Islam. Bei Hochzeiten in der arabischen Sphäre wird die Braut mit Oud geräuchert und somit parfümiert. Wahrscheinlich rührt von daher der Ruf des Duftstoffes, er könnte als heftiges Aphrodisiakum wirken. Ähnlich wie Bibergeil, Amber, Jasmin oder halt Trüffel, Kaviar, Austern et cetera dürfte es aber vor allem der Nimbus der Seltenheit, des Exquisiten und nicht zuletzt der daraus resultierende Preis sein, der die Sinne kitzelt…

Zweifellos aber ist der Duft von Oud herrlich — vergleichbar mit Weihrauch, aber nicht kühl und grau silbrig, sondern honigdunkel, Holz eben, Oud duftet warm. Trotzdem gibt es Menschen, die Oud nicht als wohlriechend empfinden. Auch das trägt bei zu seinem Reiz. Ein Parfüm, das allen gefällt, das die Massen kirre macht, diese Perversion eines Lockstoffs kommt bekanntlich ganz am Ende von Patrick Süskinds Roman vor und die Sache geht für den Träger übel aus. Dass Oud so ein Stoff sein könnte, der eine gefährliche Amok-Gier wecken kann, muss niemand befürchten. Dafür ist echtes Oud viel zu ungewöhnlich. Man muss es mögen. Aber dann angelt man damit nach dem Sonderfall.

THE MOON – der Oud Duft von Frederic Malle im Shop Agarwoud – der Oud Duft von James Heeley im Shop zurück zu den Themen


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