Susanne Kaufmann

Liebe Susanne, Du bist ja nicht bloß Unternehmerin in der Kosmetik, die sich als krisenfest erwiesen hat, sondern mit dem Hotel Post in Deiner Heimat Bezau auch noch Gastronomin! Wie geht es Dir in dieser Tage?

Es sind verrückte Zeiten. Erst war alles zu, da lief drei Monate lang gar nichts, und jetzt ist wahnsinnig viel los!

Die Leute komnmen jetzt wieder nach Bezau, weil man es dort so schön abgeschieden hat, oder?

Viele wollen nicht wegfliegen, vor allem nicht in Länder, wo man nicht weiß, ob man auch wieder nach Hause kommt von dort. Wir haben momentan viele deutsche Gäste, und Schweizer, die derzeit nicht nach Italien fahren, sondern eben nach Bezau. Aber überall in Österreich ist alles gut gebucht. Im Juni hatten wir mit 30 Mitarbeitern angefangen, weil wir dachten, es wird eh nichts los sein. Mittlerweile haben wir wieder genau so viele wie vor dem Lockdown.

Wahnsinn! Dazu darf ich Dich beglückwünschen. Nicht alle Kunden kennen Deine Familiengeschichte, die mit dem Hotel verbunden ist.

Ich leite das Haus in der fünften Generation. Das Hotel gibt es seit 1850. Anfänglich als Post, dann kam die Gastronomie dazu. Meine Eltern haben die Post zum Kur- und Sporthotel ausgebaut. Das war in den siebziger und achtziger Jahren. 1994 habe ich die Geschäfte übernommen und mich dabei vor allem auf die Beauty-Abteilung konzentriert.

Was wurden denn damals an Behandlungen angeboten?

Es gab eine sogenannte Kur-Abteilung, das war noch ganz klassisch. Wir haben Kuraufenthalte angeboten, die Gäste kamen für drei Wochen nach Bezau, bekamen eine spezielle Diatkost und es wurde darauf geachtet, dass sie viel Flüssigkeit zu sich nahmen. Mein Onkel war Kurarzt. Behandelt wurde mit Moorbädern und Fango-Packungen, es gab Unterwasser-Massagen, da wurde man in einer großen Badewanne mit einem dicken Wasserstrahl massiert, und es gab noch die anderen, klassischen Massagen — Fußreflex und Rücken. Dafür war eine einzige Angestellte zuständig.

Es war vermutlich noch kaum Bewusstsein dafür da, sich in den Ferien für das Wohlbefinden behandeln zu lassen. Die Leute wollten lieber Skifahren und Wandern.

Genau. Ende der achtziger Jahre wurden auch Maniküre, Pediküre und Gesichtsbehandlungen angeboten.

Damals gab es noch den Begriff von der Schönheitsfarm!

Als ich übernehmen durfte, habe ich die Kurabteilung erst einmal umgebaut. Zwei Jahre später habe ich dann die Beauty-Abteilung eröffnet, es gab jetzt elf Behandlungskabinen. Endlich konnten wir auch kleine Retreats anbieten. Damit sind wir durchgestartet.

Wie bist Du auf das Konzept für die Inneneinrichtung gekommen? Den Minimalismus gab es in Bezau zuvor noch nicht, nehme ich an.

Das kam im Jahr 2003, weil ich damals schon wieder erweitern musste. Ich hatte mir etliche Spas angeschaut, und es war gerade das Opulente in — mit römischen Säulen und griechischen Statuen. Da habe ich zu meinem Bruder Oskar Leo, dem Architekten gesagt: Ich möchte genau das Gegenteil. So reduziert wie möglich! In meinen Räumen sollte es um den Menschen gehen. Und nicht um Deckenmalereien, Springbrunnen und Musik. Bei mir soll der Mensch auf der Liege komplett abschalten können. Nach einer Weile hat Oskar Leo gesagt «Ich hab’s, wir machen alles weiß.»

Als ich das erste Mal nach Bezau kam, war mir noch gar nicht klar, dass diese ganze Gegend dort sehr designaffin ist. Woher kommt das, Deiner Meinung nach?

Es gab dort schon sehr bekannte Bauwerke aus dem Barock. Die Handwerker der Voralberger Barockbauschule sind ein Begriff. Überhaupt spielt das Handwerk bei uns eine große Rolle. Seit den sechziger Jahren haben sich hier viele Architekten niedergelassen. Der Rest ergibt sich dann. Im gesamten Gebiet Vorarlberg ist Wohnen von Bedeutung. So wie die Franzosen sehr viel Wert aufs Essen legen, legen die Leute hier Wert auf ihr eigenes Heim.

Aber das Essen spielt bei Euch auch eine Rolle! Ich erinnere mich mit Wehmut an das wunderbare Restaurant Irma bei Euch im Haus, das Du nach Deiner Großmutter benannt hast. Und die schönen Trachten sind mir eingefallen, mit Silbermünzen und plissierten Stoffen — Der Schönheitssinn hat Tradition in Bezau. Wie kam es dann zur eigenen Linie kosmetischer Produkte?

Die Überlegung gab es immer wieder. Auch zusammen mit der Leiterin des Spas. Während des Umbaus 2003 hielt ich den Zeitpunkt für gekommen. Mein Bruder Oskar Leo hatte sich eine Lösung mit Innenhof ausgedacht, er wollte die Natur ins Zentrum des neuen Spas setzen. Mir fehlte jetzt eine Kosmetik, die dazu passte. Ingo, meinen Produzenten fand ich in einem Nachbarort. Er hat mir erklärt, wie alles funktioniert und daraufhin habe ich ihn beauftragt. Ingo ist ursprünglich Landwirt und stellt Käse her. Aus dem Überschuss der Käseproduktion hat er Molkenkosmetik hergestellt — so fing das bei ihm an. Und 2003 hat er die ersten 24 Produkte der Spa-Kosmetik für uns produziert.

Unglaublich eigentlich, dass dies alles im Umkreis eines Dorfes im Bregenzer Wald entstanden ist — Wie kam es zum Erfolg Deiner Marke in der restlichen Welt?

Im Nachhinein betrachtet hatte ich die richtige Philosophie: Eine Naturkosmetik, die sehr effektiv wirkt und schick ausschaut. Bis dahin gab es Dr. Hauschka und Weleda — super Marken, aber bei ihnen stand das Effektive nicht im Vordergrund. Unsere Qualität war dann von Anfang an so gut, dass die Gäste die Produkte auch gekauft haben, und irgendwann war ein Tiegel in der Süddeutschen Zeitung abgebildet. So wurden Händler auf mich aufmerksam, zunächst in München, dann in Wien, die wollten mich gerne ins Sortiment aufnehmen. Ich hatte weder eine Preisliste für den Handel, noch gab es eine Marge. Bis dahin habe ich die Produkte von Ingo gekauft und für soundsoviel weiterverkauft. Die Marke gehörte auch noch zum Hotel Post und war noch kein eigenständiges Unternehmen. Einen Vertrieb musste ich auch gründen — nichts für mich eigentlich. Irgendwann hatten wir einen Händler in Bukarest, einen in Wien, in Berlin, in München, in New York …

Das Ganze noch lange vor Online Shopping.

Man konnte per EMail bestellen. Wenn ein neuer Händler Interesse anmeldete, bin ich hingeflogen und habe mir den Laden angeschaut. Wir hatten keine Tester. Keine Pressemappe oder Schulungsunterlagen. Es gab nur die Produkte. Eigentlich war es cool — In der Naturparfümerie Staudigl in Wien waren wir bald die führende Marke. Aber ich brauchte jemanden für den Vertrieb. Und so kam Beatrice von Thurn und Taxis zum Unternehmen dazu. Das war 2010, da haben wir erst richtig angefangen.

Du hattest Doch auch mal ganz kurz einen Spa am Monbijouplatz in Berlin Mitte?

Das war kurz davor, 2009.

Da war Berlin noch anders als heute. Heute würde das super funktionieren, aber es gibt die Flächen dafür nicht mehr so leicht.

Es hätte auch damals funktionieren können, aber ich hatte den falschen Leuten vertraut. Die Miete war viel zu hoch. Ich war von einem Konzept für Laufkundschaft ausgegangen. Aber in der Gegend trieb sich damals niemand herum zum Einkaufen.

Es gab dort im Grunde bloß die Boutique von Michael Michalsky …

Den gab es auch nicht lange. Es war der falsche Ort.

Wenn Du so erzählst, ist es doch irre, dass die gesamte Firmengeschichte noch nicht einmal zwanzig Jahre währt und trotzdem hat man das Gefühl, Susanne Kaufmann ist eine alteingesessene Marke. Wann war denn der Moment aus Deiner Sicht, dass Menschen sich für Naturkosmetik interessiert haben?

Es gab immer schon Fans der Naturkosmetik. Aber als ich vor zehn Jahren die erste Anti-Ageing-Linie herausgebracht habe, gab es noch Widerstände im Handel. In den traditionellen Parfümerien hat man den Badezusätzen und Lotionen aus Naturkosmetik einiges zugetraut, aber wenn es um altersverzögernde Kosmetik ging, wollte man weiterhin auf herkömmliche Formeln setzen. Das war ein langer Weg. Aber wir und ein paar andere Pioniere haben bewiesen, dass mit Naturkosmetik noch ganz anderes möglich ist. Der Durchbruch passierte dann vor fünf Jahren ungefähr. Wenn Du heute schaust, dann ist es unfassbar, wieviele Marken es auf einmal gibt.

War diese Entwicklung ausschlaggebend für Dich, Dir mit Manzanita Capital einen Geschäftspartner ins Unternehmen zu holen?

Die sind auf mich zugekommen. Ich wurde gefragt, ob ich Lust hätte, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Ich hatte nie einen Business-Plan. Es ging von Jahr zu Jahr weiter. Wir haben entwickelt, wir haben verkauft — Die Kosmetik war ja nie mein Standbein. Sie war mein Hobby. Aber irgendwann merkst Du, die Hobby-Zeit ist vorbei. Erstens hat man ein paar Mitarbeiter, zweitens hängen mehr und mehr Geschäftspartner von Dir ab. Beispielsweise haben wir Partner in Hongkong, bei denen sind wir für beinahe schon die Hälfte ihres Umsatzes verantwortlich. Ich muss also liefern. Musste ich längst. Ich habe Verantwortung übernommen, die will ich tragen können. Für Menschen und für andere Unternehmen. Eigentlich wollte ich bloß soweit noch wachsen, bis Ingos neue Produktionsanlage ausgelastet ist. Dann hätte er ein gutes Leben und ich auch. In unserer Welt ist allerdings Wachstum zum Prinzip erhoben. Und ich habe mich immer häufiger gefragt, was ich machen soll, wenn immer noch mehr Menschen meine Produkte kaufen wollen. Produziere ich dann 5000 Tiegel Tagescreme und wenn die verkauft sind, gibt es keine mehr? Aber in der Kosmetik läuft es anders als mit Wein, der seine Jahrgänge ausverkaufen kann. Ein Produkt, das täglich eingesetzt wird, wie eine Tagescreme muß stets verfügbar sein.

Sonst fliegst Du heraus aus den alltäglichen Gewohnheiten. Die Leute wechseln die Marke und vergessen Dich.

Dagegen kann man nichts unternehmen. Auch nicht mit Kontingenten für gewisse Händler, die ich bevorzuge. Das geht mit Wein! Von daher war es eine zwangsläufige Entscheidung, selbst groß zu werden. Warum sollte nicht auch eine Marke, die ihren Werten treu geblieben ist, nachhaltig handelt, weltweit wachsen können? Ingos neue Produktionsanlage ist zum Beispiel komplett solar betrieben. Das Hochregallager ist aus Holz konstruiert. So etwas hat man noch nicht gesehen! Wenn ich gefragt werdem was Clean Beauty ist, erinnere ich gerne daran, dass die Diskussion bitte nicht allein um Inhaltsstoffe geführt werden sollte. Es geht auch um die Verpackung, die Energieformen bei der Herstellung und nicht zuletzt auch, wie man seine Angestellten behandelt. Von daher dachte ich: Let’s do it!

Ich finde es nachvollziehbar, dass Kunden sich sorgen, ob Dir das gelingen wird. Die Kunden haben es schon oft erlebt, dass sich ein Produkt, dass sich eine Marke gerade durch den Erfolg verändert hat; dass vielleicht sogar weltweiter Erfolg ein Indikator sein könnte davon, dass eine ursprünglich reine Idee vom System kontaminiert wurde. Von daher wäre es natürlich großartig, wenn eines Tages an einem anderen Ort auf der Welt eine Fertigungsanlage für Susanne Kaufmann Asien gebaut würde nach Ingos Vorgaben.

Die Partnerwahl ist wichtig. Privat wie beruflich. Es ist jetzt beinahe ein Jahr her, dass Manzanita Capital unser Partner geworden ist . Bis jetzt habe ich es noch keine Sekunde bereut. Die hätten die mehrheitlichen Anteile gar nicht gekauft, wenn ich nicht im Unternehmen geblieben wäre. Natürlich gibt es auch andere Investoren. Ich hatte auch schon mit Haien Kontakt. Die wollten mir alles abkaufen, größer machen, nach ein paar Jahren mit Profit wieder verkaufen. Solche Gespräche hatte ich natürlich auch schon. Ich habe mit Manzanita einen Partner gefunden, der weitertreiben will, was ich begonnen habe. Die Produkte werde weiterhin ich entwickeln. Es gibt schon super Ideen für das nächste Jahr. Auch dafür, noch nachhaltiger produzieren zu können. Endlich kann ich mich darauf konzentrieren und muss mich nicht noch nebenher um die Finanzen kümmern. Besonders schön ist ein solcher Partner übrigens auch in einer Zeit der Krise, wie wir sie gerade erleben.

 

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