Dominik Langer – Kryolan

Seit Anbeginn experimentiere ich mit einer konzeptuell schlüssigen Haltung, die MDC zum Bedarf nach Dekorativer Kosmetik einnehmen kann. Im Zuge meiner Recherche stieß ich auch auf Kryolan, eine Traditionsmarke für professionelles Make-Up, die, das wusste ich nicht, zu den wenigen in Berlin noch ansässigen Familienbetrieben gehört. Ein perfektes Match, wie ich finde. Zumal dort nicht bloß Make-Up für Bühne und Sets hergestellt wird (Kryolan ist der Weltmarktführer für Kunstblut!), sondern auch das weltweit unerreichte Camouflage-Make-Up Derma Color.

MELANIE DAL CANTON

Darf ich Sie fragen, lieber Herr Langer, welcher Generation der Familie Lange ich heute gegenüber sitze?

DOMINIK LANGER

Wir sind in der dritten Generation.

Sie sind praktisch der Enkel des Gründers, korrekt?

Genau. Es gibt zwei Enkel. Mein Bruder und ich sind in der Geschäftsleitung.

Wie sind Sie denn in Ihrer Kindheit zum ersten Mal mit dem in Berührung gekommen, was ihre Familie da herstellt unter dem mystischen Firmennamen Kryolan?

Gute Frage.

Wahrscheinlich doch um die Faschingszeit, oder?

Bestimmt sogar, wobei ich gar kein Fasching-Mensch bin. Das Geschäft mit Faschingsschminke ist aber schon ein relevanter Zweig für uns. Das Verkleiden hat mir aber nie so richtig Spaß gemacht. In der dritten, vierten Klasse habe ich mal damit angefangen, an meine Mitschüler Ware zu verticken — Kunstblut, Spezialeffekte. Und natürlich hat man zu Kindergeburtstagen immer so eine Schminkpalette verschenkt.

Ging es bei den Tischgesprächen zuhause auch um die Firma?

Ja. Auch bei den Großeltern gab es eigentlich selten oder wenig andere Themen.

Wirklich?

Na ja, irgendwann gab es auch mal Versuche, bei Geburtstagen von etwas anderem zu reden. Und das haben wir, glaube ich, dann als Familie auch ganz gut hinbekommen. Interessant für mich wurde es, als Peter Maffays Tabaluga hier aufgeführt wurde. Da konnten wir als Kinder Backstage rein, das fand ich cool. Auch um zu sehen, wie mit unseren Farben geschminkt wurde. Mich persönlich hat aber der filmische Bereich mehr fasziniert. Ich habe die Nähe zu den Schauspielern, den Maskenbildnern gesucht, um sie nach ihren Erfahrungen zu befragen:  Was habt ihr benutzt? Habt ihr was von uns benutzt? Und wenn ihr es nicht benutzt habt, wieso habt ihr das nicht benutzt? Auf diese Weise habe ich am meisten über die Branche gelernt. Cloud Atlas war dann der erste international erfolgreiche Film, bei dem es mir gelungen war, Kontakt zu den Maskenbildnern aufzunehmen.

Und es gibt jetzt ja auch einen neuen Bereich, der zu Zeiten ihres Vaters noch gar nicht da war, als ihr Vater anfing. Das sind Leute, die sich immer nur selbst darstellen — Influencer, Socialites. Aber auch die noch nicht entdeckten, jungen Frauen tragen ja mittlerweile wieder ein Tagesmakeup als könnten die Dreharbeiten jederzeit losgehen. Und tun sie ja auch — Apple vermarktet das neue iPhone mit dem Slogan «Hollywood für die Hosentasche». Wie nähern Sie sich dem Markt an?

Wir selber fokussieren uns nicht auf die unter 18-Jährigen bewusst. Wir stellen Make-Up her vor allem für Make-Up-Artists und natürlich auch für alle, die Make-Up lieben. Von uns gibt es auch Anleitungsvideos, allerdings nicht auf TikTok oder Instagram, sondern auf YouTube. Unsere Videos sind vom Format her eher ausführlich als kurzweilig. Weil wir genau erklären, wie man einen bestimmten Effekt erzielt. Aber wir sehen natürlich auch, was passieren kann, wenn eines unserer Produkte von Influencern empfohlen wird. Das passiert ab und an. Aber das sind Spitzen. Wir sind an Kontinuität interessiert.

Was ist mit dem anderen Trend zum sogenannten Male Up? Make-Up für Männer, nehmen Sie sich dem an?

Wir haben keine Male-Up-Linie gestartet, weil wir uns nicht an den Endverbraucher wenden wollen. Aber wir haben selbstberständlich Produkte im Sortiment, die genauso für Männer genutzt werden können. Male Grooming, beispielsweise für Hochzeiten ist traditionell ein Bereich, auf dem tätig sind.

Für die Kundinnen von MDC ist neben ihrer Kinderschminke vor allem Derma Color interessant: Ein eigene Serie professioneller Abdeckprodukte.

Derma Color wird bei uns seit den siebziger Jahren erforscht und produziert. Ich glaube mich erinnern zu können, dass ein holländischer Geschäftspartner meinen Großvater auf diese Idee gebracht hatte. Damals ging es primär darum, Muttermale und andere Hautanomalien farblich und optisch abdecken zu können. Bis dato bleibt unser Produkt von anderen Herstellern unerreicht. Derma-Color hat den Vorteil, dass es aufgrund seiner Formulierung eine gewisse Natürlichkeit mit sich bringt. Beim Film Cloud Atlas gab es beispielsweise eine Szene, in der Halle Berry weg von ihrem natürlichen Hautton auf einen hellen Hautton umgeschminkt werden sollte. Das wurde komplett mit Derma-Color gemacht, weil kein anderes Produkt diese Natürlichkeit, die Darstellung der Poren, das natürliche Schimmern der Haut mit sich gebracht hätte. Zudem handelt es sich bei Derma-Color um ein System. Das heißt, wir liefern ein Camouflage-Makeup mit einem Pigmentanteil von bis zu 50 Prozent; der ist hier extrem hoch. Damit kann ich alles abdecken: Tätowierungen, Hautanomalien oder Hautkrankheiten, bis hin zu Altersflecken.

Bei Film und Theater hat sich ja mittlerweile sogar das Licht verändert. Selbst wir hier sitzen ja gerade im Schein einer LED-Lampe beieinander. Bei Firmengründung von Kryolan, gab es noch Gaslicht.

Ja, denkbar.

Man kann sich das gar nicht vorstellen, wie die Farben dann damals aussahen.

Absolut, das hat sich komplett gewandert.

Also auch die Farbdarstellung durch die Weiterentwicklung von HD zu 4K. Man sieht es an Donald Trumps Gesicht: Dieses Orange entsteht ja anscheinend durch eine Problematik mit den HD-Kameras der Reporter — hat mir zumindest eine Maskenbildnerin erzählt.

Kann ich mir kaum vorstellen. Es gibt ja das passende Make-up dafür. Ich denke, er will orange sein. Zu Corona-Zeiten haben wir mit «Digital Complexion» eine Serie gelauncht, die wir eigens entwickelt haben für die 4K- und 8K-Technologie. Ursprünglich war es dabei lediglich um neue Foundations gegangen. Dann aber haben wir uns für die Tests eine ganze Woche lang in ein Filmstudio eingebucht. Mit diversen Licht- und Endgeräten. Daraufhin haben wir unsere zuvor gelaunchte HD-Serie wieder aus dem Markt genommen, weil sie einfach nicht mehr mit den neuesten Geräten mithalten konnte. Mit Digital Komplexion konnten wir dann das Problem des gesamten Marktes lösen.

Würden Sie zum Abschluss bitte noch den eigenartigen Firmennamen erklären?

Na klar. Wie viele Namen in Deutschland, wie Hanuta und Edeka, ist auch unser Kryolan aus deutschen Worten zusammengesetzt. Unser Name, Langer, da kommt das Lan her. Mein Großvater hatte die Idee und setzte die mit einem Kommilitonen um, den er noch aus dem Kriegsdienst kannte. Und der hieß, für Berlin ja klassisch: Krause. Und das Y und das O waren einfach die zwei fehlenden Buchstaben, die den Namenszug auf ästhetisch ansprechende Weise abrunden konnten.

 

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